Auslegung zu 1. Mose 1-2

Auslegung zu 1. Mose 1-2

Die Schöpfungsgeschichte in 1. Mose 1-2 bildet die Grundlage für das Verständnis der Welt und der Beziehung zwischen Gott, Mensch und Natur. Sie wird in verschiedenen theologischen Kommentaren unterschiedlich interpretiert.

Dieser Artikel vergleicht die Auslegungen der Wuppertaler Studienbibel und der Keil-und-Delitzsch-Kommentare, wobei sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede herausgearbeitet werden. Der Schwerpunkt liegt auf den theologischen, sprachlichen und praktischen Ansätzen dieser beiden Werke.


Detaillierte Auslegung von 1. Mose 1-2

Wuppertaler Studienbibel

Die Wuppertaler Studienbibel legt einen starken Fokus auf die heilsgeschichtliche und theologische Dimension des Textes. Die Interpretation richtet sich an ein breites Publikum, insbesondere an Christen, die den praktischen und geistlichen Nutzen der Schöpfungsgeschichte verstehen möchten.

Schwerpunkt der Auslegung

  1. 1. Mose 1 – Die Ordnung der Schöpfung:
    • Die sechs Schöpfungstage werden als geordneter, fortschreitender Prozess dargestellt, der auf Gottes souveränem Handeln basiert (vgl. Wuppertaler Studienbibel, S. 12-15). Jeder Schöpfungstag endet mit „und siehe, es war sehr gut“, was die Vollkommenheit der Schöpfung betont.
    • Der Mensch wird als Höhepunkt der Schöpfung interpretiert, mit einer besonderen Verantwortung als Verwalter der Erde (Wuppertaler Studienbibel, S. 16-18).
  2. 1. Mose 2 – Die Beziehung zwischen Gott und Mensch:
    • Der zweite Schöpfungsbericht wird als detaillierte Ergänzung zu 1. Mose 1 verstanden. Hier liegt der Fokus auf der Beziehung zwischen Gott und den ersten Menschen, Adam und Eva (vgl. Wuppertaler Studienbibel, S. 19-22).
    • Adam wird als lebendiges Wesen beschrieben, das durch den Atem Gottes Leben empfängt. Eva wird als „Hilfe“ geschaffen, was nicht abwertend, sondern als Ausdruck von Partnerschaft verstanden wird (Wuppertaler Studienbibel, S. 23-25).

Wichtige Begriffe und Aussagen

  • „Bara“ (erschaffen): Laut der Wuppertaler Studienbibel wird das hebräische Wort „bara“ ausschließlich für Gottes schöpferisches Handeln verwendet, um die Einzigartigkeit und Macht Gottes zu unterstreichen (S. 13).
  • „Imago Dei“ (Ebenbild Gottes): Der Mensch wird als Träger des göttlichen Ebenbildes beschrieben, was eine besondere Würde und Verantwortung beinhaltet (S. 17).
  • „Ruach“ (Atem): Der Lebensatem, den Gott Adam einhaucht, wird als symbolische Handlung gedeutet, die die intime Verbindung zwischen Gott und Mensch hervorhebt (S. 23).

Theologische Kernaussagen

  • Gottes Souveränität: Die Schöpfung ist ein Ausdruck von Gottes Macht und Ordnung (Wuppertaler Studienbibel, S. 11).
  • Heilsgeschichte: Die Bibel wird als fortlaufende Geschichte gesehen, die in der Schöpfung ihren Ursprung hat (vgl. S. 27).
  • Praktische Relevanz: Der Text soll Gläubige motivieren, Verantwortung für die Schöpfung zu übernehmen und Gottes Herrschaft anzuerkennen.

Keil-und-Delitzsch-Kommentare

Die Keil-und-Delitzsch-Kommentare sind bekannt für ihre sprachlich-historische Tiefe. Sie richten sich an Theologen und Leser, die die Bibel in ihrem ursprünglichen Kontext verstehen möchten.

Schwerpunkt der Auslegung

  1. 1. Mose 1 – Sprachliche und strukturelle Analyse:
    • Der Schöpfungsbericht wird als liturgisch-poetischer Text analysiert, der durch seine Wiederholungen und Symmetrien eine geordnete Struktur zeigt (vgl. Keil und Delitzsch, Bd. 1, S. 30-34).
    • Besondere Aufmerksamkeit wird auf die hebräischen Begriffe gelegt, z. B. „tohu wa-bohu“ (wüst und leer) und „bara“ (schaffen), die eine tiefere Bedeutungsebene eröffnen (Keil und Delitzsch, S. 35-38).
  2. 1. Mose 2 – Der Garten Eden als Heiligtum:
    • Adam wird als „Priester“ interpretiert, der den Garten Eden als heiligen Raum bewahren und bebauen soll (Keil und Delitzsch, S. 45-47).
    • Die Erschaffung Evas wird als Hinweis auf die Komplementarität der Geschlechter verstanden (Keil und Delitzsch, S. 48-50).

Wichtige Begriffe und Aussagen

  • „Bara“: Im Gegensatz zur Wuppertaler Studienbibel wird hier „bara“ als ein Begriff analysiert, der eine absolute Neuerschaffung ausdrückt und die einzigartige göttliche Kreativität betont (S. 36).
  • „Tohu wa-bohu“: Die Begriffe „wüst und leer“ werden als chaotischer Ursprungszustand interpretiert, der durch Gottes Eingreifen in eine geordnete Schöpfung verwandelt wird (S. 31).
  • „Adam“ (Mensch): Der Name Adam wird nicht nur als Eigenname, sondern auch als symbolische Bezeichnung für die Menschheit insgesamt verstanden (S. 47).

Theologische Kernaussagen

  • Historisch-sprachlicher Kontext: Die Kommentare betonen, dass die Texte im Licht der damaligen Weltanschauung und Kultur zu verstehen sind (Keil und Delitzsch, S. 29-31).
  • Symbolik: Der Garten Eden wird als Mikrokosmos des perfekten Zusammenlebens zwischen Gott, Mensch und Natur gesehen (vgl. S. 51).
  • Exakte Analyse: Durch die Betrachtung der hebräischen Sprache wird eine tiefere Ebene des Textes erschlossen.

comparison_chart Auslegung zu 1. Mose 1-2
Die Unterschiede der Wupperthaler Studien Bibel und des Kommentares von Keil und Delitzsch

Vergleich der Auslegungen

KriteriumWuppertaler StudienbibelKeil-und-Delitzsch-Kommentare
ZielgruppePraktisch orientierte ChristenTheologen und wissenschaftlich Interessierte
AnsatzTheologisch, heilsgeschichtlichSprachlich-historisch
SchöpfungstageFokus auf Gottes geordnete Handlung und praktische AnwendungAnalyse der hebräischen Struktur und Begriffe
Adam und EvaBetonung der Partnerschaft und VerantwortungSymbolik von Adam als Priester und der Garten Eden als Heiligtum
„Bara“Gottes schöpferisches Handeln in heilsgeschichtlicher PerspektiveAbsolute Neuerschaffung und göttliche Einzigartigkeit
„Tohu wa-bohu“Keine ausführliche AnalyseChaotischer Ursprungszustand, der durch Gottes Ordnung überwunden wird
StärkenPraktisch relevant, motivierendTiefgründig, sprachlich präzise
SchwächenWeniger sprachliche TiefeWeniger praktisch und alltagsnah

Fazit

Die Auslegungen der Wuppertaler Studienbibel und der Keil-und-Delitzsch-Kommentare ergänzen sich. Während die Wuppertaler Studienbibel eine klare, praxisnahe Interpretation bietet, eröffnen die Keil-und-Delitzsch-Kommentare durch ihre sprachliche und historische Analyse eine tiefere Einsicht in den ursprünglichen Kontext der Schöpfungsgeschichte. Gemeinsam bieten sie ein umfassendes Verständnis von 1. Mose 1-2, das sowohl geistlich bereichernd als auch intellektuell anregend ist.

Wer die praktische Relevanz der Schöpfungsgeschichte für den Alltag sucht, wird in der Wuppertaler Studienbibel fündig. Leser, die die sprachlichen und kulturellen Nuancen besser verstehen wollen, profitieren hingegen von den Keil-und-Delitzsch-Kommentaren. Ein kombiniertes Studium beider Werke ermöglicht eine ganzheitliche Perspektive auf die ersten Kapitel der Bibel.

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